• Sollte ich mal flüchten müssen, brauche ich Schutz und Unterstützung und keine Inhaftierung!
    Anna Greshake, Berlin
  • Kinder und Jugendliche brauchen nach der Ankunft in Deutschland einen sicheren Raum für sich und ihre Familien. Die Unterbringung und Isolierung in Sammellagern gefährdet das Kindeswohl und nimmt ihnen ihre Rechte!
    Vorstand djo – Deutsche Jugend in Europa, Bundesverband e.V.
  • Die Unterbringung von Geflüchteten in Lagern ist nicht menschenwürdig! Sie verwehrt ihnen jede Chance auf eine Teilhabe am Leben in Deutschland und nimmt ihnen grundlegende Menschenrechte. Das sind nicht unsere Lager!
    Flüchtlinge Willkommen
  • Lager sind Orte der Entwürdigung und Entrechtung; sie verhindern Teilhabe und unterlaufen den Flüchtlingsschutz. Sie dienen einzig der Abschreckung und Abwehr von Flüchtlingen. Wir sprechen uns entschieden dagegen aus!
    Ehrenamtliche in der Flüchtlingsrarbeit NRW, Bochum
  • Die Würde des Menschen ist unantastbar.
    Kuno Hauck, Fürth
  • Jetzt ruf ich, denn ich hab den Mut: Wenn Ihr schützen wollt, was wichtig bleibt, dann nicht Heimat, Hab und Gut, sondern einfach Menschlichkeit!
    Kai Schulte
  • Der Umgang mit Geflüchteten widerspricht massiv allen Grundrechten, die die EU sich auf die Fahne schreibt. #NichtMeineLager
    Ole Plogstedt
  • Wenn man sich nur für zehn Sekunden die Mühe macht, sich in die Situation dieser Menschen hinein zu versetzen, weiß man, dass diese Zentren mit Menschenwürde nichts mehr zu tun haben. Flucht ist und bleibt kein Verbrechen.
    Sibbi, Dani, Max (ITCHY)
  • Lager stehen in Deutschland in unmenschlicher Tradition. Sie isolieren und grenzen aus. Wir sagen: Flüchtlinge willkommen heißen! Für ein Leben in Freiheit und Würde für alle Menschen!
    Radio Havanna
  • Ich bin gegen die Isolierung von Geflüchteten in integrationsfeindlichen Großunterkünften. Die Bundesregierung müsste unser Einwanderungsland gestalten anstatt Symbolpolitik auf dem Rücken von Geflüchteten zu betreiben.
    Filiz Polat MdB, Berlin
  • Weil der Mensch ein Mensch ist, muss er*sie das Recht auf ein freies, auf ein würdiges Leben haben. Lager sind unmenschlich, Lager töten. Weg damit!
    Jule Nagel, Leipzig
  • Niemand gehört in Lager!
    Marie Kuster, Köln
  • Wenn ich in einem Land leben darf, in dem ich frei und sicher und in Frieden leben kann, und wenn ich nichts dafür tun musste, außer geboren zu werden,..Mit welchem Recht kann ich es dann anderen Menschen vorenthalten?
    Rebekka Götz, Landau
  • Niemand flüchtet "einfach so". Jede Flucht ist im wahrsten Sinn eine Not-Lösung. Vor allem ist Flucht niemals ein Verbrechen. Wer Flüchtlinge in Lager sperrt, tritt die Würde dieser Menschen mit Füßen. Dagegen stehe ich auf.
    Tobias Kirschbaum, Lünen
  • Flucht ist kein Verbrechen. Es ist schlimm, Menschen, die nichts getan haben, in Lager einzusperren.
    Martina Goldschmidt, Köln
  • Ich wende mich entschieden dagegen, dass Menschen in Deutschland oder in der EU oder auf Maßgabe der EU in Lagern eingesperrt werden.
    Julia Hartnik, Saarbrücken
  • Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Egal, ob man in Castrop-Rauxel oder Kabul geboren ist. Europa kann nicht einen auf Demokratie machen & dann zusehen, wie Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken. Ein bisschen Demokratie geht halt nicht.
    Tarik Tesfu
  • Gegen Lager. Gegen Haftzentren. Gegen die Festung Europa. Für mehr Menschlichkeit. Für eine humane Flüchtlingspolitik #NichtMeineLager
    Jashar Erfanian, Köln
  • Jahrelange Lagerhaltung von Menschen in Mehrbettzimmern mit Fremden, Gemeinschaftsküchen und Gemeinschaftstoiletten, ohne Arbeit und Bildung ist diskriminierend, isoliert, macht krank, befördert Rassismus, ist teuer und gehört abgeschafft.
    Ulrike Seemann-Katz, Schwerin
  • Lager in Deutschland - das geht gar nicht!
    Hubert Heinhold, München
5.405
Unterschriften
#NichtMeineLager

Grundrechte bitte am Eingang abgeben – Freiburger Zustände in der „LEA“

Freiburg · 17.01.2019
Polizei vor der LEA in Freiburg. Foto: Radio Dreyeckland

Warum es in der Freiburger Landeserstaufnahmeeinrichtung nicht um eine erste Registrierung geht und wieso die planmäßige Einschränkung von Grund- und Menschenrechten ein demokratisches Grundprinzip unterläuft. Einblicke in die Funktionsweise eines Lagers.

Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland am 15. September 1980 Sammellager für Geflüchtete eingerichtet. Nach und nach wurden sie zum bundesdeutschen Vorbild. 40 Jahre danach haben Lager Hochkonjunktur – auch im Ländle.

Freiburger Zustände

Freiburg hat seit Mai 2018 eine neue Landeserstaufnahmeeinrichtung auf dem Gelände einer alten Polizeiakademie. Bis zur Fertigstellung weiterer Bauabschnitte soll die Einrichtung ab 2020 bis zu 800 Menschen Platz bieten. Im Notfall kann die Einrichtung auf 1800 Plätze erweitert werden. Bereits 2014 stimmte der Gemeinderat mehrheitlich für die Errichtung des Lagers. Lange vor Masterplänen und AnkER-Zentren war den Verantwortlichen schon 2014 bewusst, dass die Einrichtung einen extra Polizeiposten auf dem Gelände erhält und eine Beschulung der Kinder „wegen der kurzen Verweildauer nicht vorgesehen ist.“

Damals ging man noch von einer maximalen Verweildauer von drei Monaten aus. Mittlerweile wird die gesetzlich festgelegte Verpflichtung, bis zu sechs Monate in der Einrichtung zu leben, häufig überschritten. Baden-Württemberg wird voraussichtlich bald eine Öffnungsklausel verabschieden, die es ermöglicht, Geflüchtete bis zu 24 Monate in solchen Großlagern unterzubringen. Bislang sind nur bestimmte Geflüchtete, wie zum Beispiel Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, verpflichtet, ohne festgelegte Frist bis zum Abschluss ihres Verfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen zu leben.

Eigentlich sind Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg nach der Erstaufnahme für die sogenannte vorläufige Unterbringung und Anschlussunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen zuständig. 2014 sah die Stadt mit der Einrichtung die Möglichkeit, dass nicht mehr Geflüchtete den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt „belasten“. Durch die vorhandene Erstaufnahmeeinrichtung entledigt sich die Stadt der Pflicht, weitere Geflüchtete aufzunehmen (sog. Vollprivilegierung). Sie muss nur in Ausnahmefällen Geflüchtete langfristig in der Stadt unterbringen.


Viele Geflüchtete berichten, dass es im Lager keine Privatsphäre gebe. Die Zimmer sind nicht abschließbar. Es herrscht ein Klima der Angst.

Aktion Bleiberecht

Es zeigt sich, dass schon damals kaum Bedenken hinsichtlich solcher Großlager bestanden. Vielmehr herrschte nahezu politische Einigkeit darüber, dass Freiburg sich durch die Erstaufnahme der Verantwortung einer humanitären Flüchtlingsaufnahme stellt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass anstatt der alten Abkürzung „LaSt“ (Landeserstaufnahmestelle) neuerdings „LEA“ (Landeserstaufnahmeeinrichtung) verwendet wird. Auf den ersten Blick ein schön klingender Name, doch der Schein trügt.

Die Sicht der Bewohner*innen

Die Stimmen der Bewohner*innen in der Debatte um solche Lager werden selten gehört. Fragt man sie in Freiburg nach ihrer derzeitigen Lebenssituation, ist die Fassade eines humanitären Lagers kaum noch zu halten. Angesprochen auf ihre größten Probleme äußern viele, dass sie schnellstmöglich in ein kleineres Camp oder lieber eine eigene Wohnung ziehen möchten und arbeiten wollen. Erst bei näherem Nachfragen berichten sie von der verbotenen Selbstversorgung, den regelmäßigen Zimmerkontrollen oder den nächtlichen Abschiebungen, bei denen alle Bewohner*innen mitten in der Nacht aus den Betten geholt werden – unabhängig davon, ob sie abgeschoben werden sollen oder nicht.

„Das ist symptomatisch: Nur selten sind Geflüchtete ausreichend über den Stand ihres Asylverfahrens informiert worden“, so ein Sprecher von Aktion Bleiberecht, einer Freiburger Initiative. Konkret dürfen Geflüchtete, solange sie in der Einrichtung leben, nicht arbeiten und die Stadt Freiburg nur auf Antrag verlassen. Viele Geflüchtete werden zu Arbeitsgelegenheiten für 80 Cent die Stunde im Lager verpflichtet. Durch diese bundesgesetzliche Regelung erhalten Geflüchtete, bei einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden, im Monat 64 Euro. Die Bewohner*innen werden so zu billigen Arbeitskräften degradiert und der Lageralltag kann kostensparend aufrechterhalten werden.


Konkret dürfen Geflüchtete, solange sie in der Einrichtung leben, nicht arbeiten und die Stadt Freiburg nur auf Antrag verlassen. Viele Geflüchtete werden zu Arbeitsgelegenheiten für 80 Cent die Stunde im Lager verpflichtet.


An den Ein- und Ausgängen finden Taschen- und Ausweiskontrollen mithilfe eines speziell eingerichteten Lagerausweises statt – ein schlichter Barcode auf einem Blatt Papier. Daraus werden Anwesenheitsprofile erstellt, damit zu jeder Zeit nachverfolgt werden kann, wer wann das Lager betreten oder verlassen hat. Bei der Leistungsbeschreibung konkretisiert das Regierungspräsidium als zuständige Behörde, dass selbst die Mahlzeiten personengenau im Verwaltungsprogramm zugeordnet werden müssen. Dieser Einblick ließe sich weiterführen, er zeigt aber deutlich unter welchen massiven Restriktionen die Bewohner*innen leben müssen.

Fragwürdige Praxis

Doch nicht nur die Bewohner*innen, sondern auch andere Institutionen werden in unnötige und widersprüchliche Situationen gebracht. Zum Beispiel begleitet die Polizei regelmäßig die Zimmerkontrollen. Sie agiert damit nicht mehr als letzte staatliche Instanz, sondern per se vorab ohne polizeirechtlichen Auftrag. Es stellt sich die Frage mit welcher Begründung die Kontrollen durchgeführt werden. In der Hausordnung des Freiburger Lagers werden Privaträume explizit als Wohnungen im rechtlichen Sinne anerkannt. Dies deckt sich mit unterschiedlichen Rechtsgutachten, die belegen, dass die im Grundgesetz verankerte Unverletzlichkeit der Wohnung auch auf Privaträume in Sammelunterkünften anzuwenden ist.

Bewohner*innen berichten jedoch, dass die Polizei durchaus auch die Schlafräume betritt. Dabei kam es bereits zu Übergriffen. Die lokale Presse übernimmt dabei, wie die meisten Medien bei der verhinderten Abschiebung in Ellwangen auch, ohne eigene Recherche die Aussagen der Polizei. Dies ist insofern bedenklich, weil sich die Ereignisse aus Sicht der Bewohner*innen ganz anders darstellen. Doch für diese Zwischentöne ist in der aktuellen Berichterstattung kaum Platz. Vielmehr wird dadurch das Stereotyp des „kriminellen Flüchtlings“ reproduziert ohne zu hinterfragen.


Die Buschtrommeln werden in Afrika signalisieren – kommt nicht nach Baden-Württemberg, da müsst ihr ins Lager.

Lothar Späth

Die eigentlichen Funktionen dieser Lager

In Erstaufnahmeeinrichtungen geht es dabei nicht nur um eine erste Registrierung der Geflüchteten und die Bereitstellung angemessener Unterstützungsleistungen. Lothar Späth, ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident, formulierte es 1982 offen rassistisch: „Die Buschtrommeln werden in Afrika signalisieren – kommt nicht nach Baden-Württemberg, da müsst ihr ins Lager.“ So ähnlich stand es auch noch bis 2013 in der bayrischen Asyldurchführungsverordnung: Die Unterbringung in Flüchtlingslagern soll „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“.

2017 beschreibt das Bundeskanzlerin Merkel wie folgt: „Wir arbeiten daran, dass Rückführungen möglichst aus den Erstaufnahmeeinrichtungen erfolgen können; denn wir wissen: Wenn Menschen erst einmal durch ehrenamtliche Helfer in Kommunen integriert werden, dann ist die Rückführung sehr viel schwerer und schwieriger.“

Eine zivilgesellschaftliche Kontrolle wird dadurch aktiv verhindert. In Freiburg besteht ein Besuchsverbot, Ehrenamtliche erhalten nur auf Antrag in einem langwierigen Prozess Zugang zur umzäunten Einrichtung. Der politische Druck wird derart forciert, dass Asylverfahren in solchen Einrichtungen bald innerhalb von 24-Stunden abgefertigt werden sollen. In Heidelberg wird ein solches Modellverfahren mit Verfahrensstraßen bereits durchgeführt. Damit lässt sich zeigen, dass es den Verantwortlichen um Abschreckung, Zentralisierung und rechtlich fragwürdiger Beschleunigung der Asylverfahren sowie Vereinfachung von Abschiebungen geht – und nicht um eine Erstaufnahme.

Mach mit!

Setze ein Zeichen gegen diese unwürdige Unterbringung. Sag klar und deutlich: Das sind #NichtMeineLager!

Missachtung eines demokratischen Grundprinzips

Zurück nach Freiburg. Die Inbetriebnahme des Lagers findet ohne große gesellschaftliche Reaktion statt. Kein Aufschrei, kaum Protest. Stattdessen rühmen sich die Verantwortlichen beim Tag der offenen Tür selbst für die „tolle Zusammenarbeit“.  Am Ende steht jedoch die Erkenntnis, dass im Lager Grundrechte vieler hier lebender Menschen bewusst und planmäßig unterlaufen werden. Damit wird eine rote Linie überschritten. Es ist eine Grundvoraussetzung für funktionierende Demokratien, dass alle Menschen die gleichen Grundrechte wahrnehmen können – unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Pass. Das muss auch für Bewohner*innen von Landeserstaufnahmeeinrichtungen gelten.

Solidarische Gegenstrategien gefragt

In Freiburg gab es bereits Ideen für ein solidarisches Wohnprojekt auf dem jetzigen Lagergelände. Als 2014 das Gelände leer stand, formierte sich eine Basisinitiative, die dort dauerhaft bezahlbaren Wohnraum für Geringverdienende, Familien und Geflüchtete schaffen wollte. „Wohnen statt Lager“ war das Motto, das Ziel ein aktives und gemeinschaftliches Zusammenleben. Es gilt diese Projekte und Ideen wieder aufzugreifen und zu stärken. Menschen in Lagern unterzubringen hat eine gefährliche Normalität erreicht. Es wird Zeit, dass Rechte für alle gelten und Solidarität wieder Konjunktur hat.

Text: LEA-Watch Freiburg (www.leawatch.blogsport.eu)

 

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